Wertschätzung, echt jetzt?
- Bettina Kuschey
- 18. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Warum wir in Österreich zu wenig loben, zuhören und zeigen, dass jemand zählt
Es ist Montag, 6:43 Uhr. Ich balanciere zwischen Müslischüssel & Jausenboxen für die Kinder, Terminkalender, To-Do-Liste und einer Nachricht von einer Klientin.
„Ich weiß, mein Mann schätzt mich eigentlich. Aber… irgendwie spür ich es nicht mehr.“
Spoiler: Sie ist nicht die Erste, die mir das sagt. Und wird auch nicht die Letzte sein.
Denn ganz egal ob im Unternehmen, im Lehrerzimmer oder am Familientisch – Wertschätzung ist oft das Erste, das im Stress verloren geht. Und gleichzeitig das Letzte, das jemand offen einfordert.
Was genau ist Wertschätzung und was nicht?
Wertschätzung ist keine Floskel, kein „Gut gemacht!“ auf dem Weg zum nächsten Meeting. Sie ist nicht das „Passt schon, danke!“ zwischen zwei Aufgaben. Sie ist auch nicht das kleine Danke-Schoki zum Jahresende. Und auch das banale, schnell gesagte "Danke" hat mit Wertschätzung recht wenig zu tun.
Wertschätzung ist eine innere Haltung, die sich in Handlungen zeigt oder eben nicht.
Wertschätzung heißt: Ich sehe dich. Und was du tust, ist nicht selbstverständlich.
Und genau das fehlt vielen.
Aber warum genau fehlt Wertschätzung so oft?
Weil wir gelernt haben, Leistung zu bewerten und nicht den Menschen dahinter.
Weil Führungskräfte glauben, ein „Wir zahlen ja Gehalt“ reicht.
Weil Eltern am Ende des Tages kaputt sind und Kinder auch.
Weil Kommunikation meist auf Organisation reduziert ist.
Weil wir oft funktionieren (müssen) aber nicht mehr hinschauen.
Im Funktionsmodus und Alltagsstress geht Wertschätzung oft verloren.
Was passiert wenn Wertschätzung auf der Strecke bleibt?
Stell dir vor:
Du organisierst seit Wochen das Sommerfest im Kindergarten.
Niemand bedankt sich. Ganz im Gegenteil du wirst gefragt, warum es keinen veganen Nudelsalat gibt.
Oder du springst für einen Kollegen ein. Wieder einmal!
Und er vergisst nicht nur das „Danke“, sondern erklärt dir, wie viel er arbeitet und im Stress ist.
Oder zu Hause:
Du räumst, kochst, planst, erinnerst und abends heißt es:
„Wieso bist du so gereizt?“
Diese Situationen mögen alle kein Drama sein. Aber sie sind Mikroverletzungen.
Und sie summieren sich am Ende des Tages.
Die psychologischen Folgen von mangelnder Wertschätzung: Unterschätzt und tiefgreifend
Fehlende Wertschätzung führt zu emotionaler Erschöpfung.
In Unternehmen sinken Motivation und Bindung. Kündigungen häufen sich.
In Familien entstehen stille Konflikte bis jemand platzt oder innerlich geht.
In Schulen wachsen Resignation, Zynismus und Frustration auf allen Seiten.
Und es geht nicht darum, ständig zu loben. Es geht um das Gefühl, gesehen zu werden.
3 alltägliche Wege, echte Wertschätzung zu zeigen
1. Nenne konkret, was du siehst
Statt: „Danke für deine Hilfe.“
Sag lieber: „Ich habe gesehen, wie du heute alle Termine verschoben hast, um das Team zu entlasten. Das ist nicht selbstverständlich.“
2. Frag, was jemand braucht – nicht nur, wie es läuft
Echte Wertschätzung beginnt beim Interesse.
Fragen wie: „Was war heute dein größter Stressmoment?“ zeigen, dass du wirklich zuhören willst.
3. Kleine Geste, große Wirkung
Ein Post-it auf dem Bildschirm. Ein Schokoriegel mit „Danke für gestern“.
Ein Satz per WhatsApp: „Ich weiß, du hast heute viel gestemmt. Ich seh dich.“
Wirklich kein Aufwand. Aber sicher große Wirkung beim Gegenüber.
Reflexionsfrage für dich:
Wann hast du das letzte Mal gespürt, dass du jemandem wirklich wichtig bist nicht wegen deiner Leistung, sondern als Mensch?
Wenn du Führungskraft bist…
… dann ist es nicht dein Job, alle zu motivieren. Aber es ist dein Job, ein Klima zu schaffen, in dem sich Menschen gesehen fühlen.
Wenn du willst, dass dein Team mehr gibt dann fang an, öfter etwas zurückzugeben. Geben kommt immer vor Nehmen.
Und wenn du Unterstützung dabei brauchst in Form von Reflexion, Teamentwicklung oder einem ehrlichen Blick auf eure Kultur weißt du, wo du mich findest.
Wenn du das Gefühl hast, niemand sieht dich…
… dann bist du nicht allein. Viele meiner Klient:innen fühlen sich wie „funktionierende Maschinen“.
Du darfst müde sein. Du darfst dich nach einem ehrlichen „Danke“ sehnen.
Und du darfst dich auf die Suche machen, wie Wertschätzung auch für dich wieder spürbar werden kann.
Mein Newsletter ist ein guter Anfang jede Woche ehrliche Gedanken, Praxistipps und Tools, die dich stärken.
Fazit: Wertschätzung ist nicht nett sie ist notwendig.
Sie hält Teams zusammen. Familien. Schulen. Beziehungen.
Und sie beginnt immer mit einer Entscheidung:
Will ich nur in Floskeln reden oder will ich meinem Gegenüber das Gefühl geben wirklich gesehen zu werden?

Wer schreibt hier?
Hallo, ich bin Bettina Kuschey.
Coach, Trainerin und Expertin für generationenübergreifende Zusammenarbeit.
Mit meinen Coachings, Workshops und Trainings unterstütze ich Unternehmen, Schulen und Privatpersonen dabei, Kommunikation zu verbessern, Konflikte zu lösen und ein starkes Miteinander zu gestalten.
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